Bewertung der nicht-gehörschädigenden Wirkungen von Lärm

Lärm kann das Gehör schädigen. Wie die Gefahr dieser gehörschädigenden – sogenannten auralen – Wirkungen zu bewerten sind und welche Schutzmaßnahmen abzuleiten sind, ist im Arbeitsschutz schon lange geregelt.*

Lärm

Lärm kann aber auch Wirkungen außerhalb des Gehörs haben. Das sind die sogenannten extraauralen Wirkungen.

Was sind die nicht gehörschädigenden negativen Wirkungen des Lärms?

Sie haben meist keinen so engen Bezug zum Lärmpegel wie die gehörschädlichen. Wir alle kennen das: Schall bzw. Lärm können ganz schön nerven – also sich auf die Psyche auswirken. Neben dieser psychischen Wirkung hat Lärm auch noch weitere Auswirkungen, z. B. auf die kognitive Leistungsfähigkeit, die Sprachverständlichkeit und die akustische Orientierung. Eine weitere physiologische Wirkung ist, dass das zentrale und das vegetative Nervensystems im Sinne einer Stressreaktion aktiviert werden. So kann z. B. der Blutdruck steigen. Halligkeit der Räume, schlechte Sprachverständlichkeit, Gespräche Anderer,  tonhaltige Geräusche und deutlich wahrnehmbare Hintergrundgeräusche können dazu beitragen.

Wie kann man dies extraauralen Wirkungen bewerten?

In der Arbeitsstättenverordnung waren früher (sehr grobe) Anhaltspunkte zu diesen extraauralen Wirkungen enthalten. Diese wurden im Rahmen einer „Deregulierung“ kassiert. Die meisten der auf diese Art verschwunden Regelungen im Arbeitsschutz tauchten im Übrigen bald an anderer Stelle wieder auf. Beim Thema „nicht gehörschädigende Wirkungen von Lärm“ hat es etwas länger gedauert. Nun befasst sich die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) 3.7 damit.

Arbeitsschützer hatten sich das schon lange gewünscht. In dieser ASR  werden Tätigkeiten wie weiland in der Arbeitsstättenverordnung in unterschiedliche  Kategorien („Tätigkeitskategorien“) eingeteilt – je nachdem wie streng die akustischen Anforderungen sind. Es geht von „Tätigkeitskategorie I – hohe Konzentration oder hohe Sprachverständlichkeit“ bis zu „Tätigkeitskategorie III – geringere Konzentration oder geringere Sprachverständlichkeit“.  Beispiele für Tätigkeiten der Kategorie I sind wissenschaftliches und kreatives Arbeiten, Entwickeln von Software und Treffen von Entscheidungen mit hoher Tragweite. Für Kategorie II sind Beispiele Sachbearbeitung im Büro und psychomotorisch geprägte (feinmotorische) und für Kategorie III einfache Montagearbeiten und handwerkliche Tätigkeiten (Fertigung, Installation). Der sogenannte Beurteilungspegel darf  während der Ausübung von Tätigkeiten der Tätigkeitskategorie I 55 dB(A) nicht überschreiten und während der Ausübung von Tätigkeiten der Tätigkeitskategorie II 70 dB. Während der Ausübung von Tätigkeiten der Tätigkeitskategorie III ist der Beurteilungspegel „unter Berücksichtigung betrieblicher Lärmminderungsmaßnahmen soweit wie möglich zu reduzieren“.

Auch akustische Anforderungen für Räume unterschiedlicher Nutzungsart werden in der ASR beschrieben. Bei der Beurteilung der akustischen Situation werden eine „lärmbezogene Arbeitsplatzbegehung“, die Abschätzung der raumakustischen Kennwerte, die orientierende Messung sowie die messtechnische Beurteilung behandelt. Zum Abschluss werden – in bewährter Reihenfolge – technische, organisatorische und persönliche Lärmschutzmaßnahmen dargestellt.

Lohnt es, sich damit zu beschäftigen?

Aus meiner Sicht lohnt sich ein (oder mehrere) Blick(e) in diese ASR – sei es als Arbeitsschutzverantwortliche(r), als Fachkraft für Arbeitssicherheit oder als Betriebsarzt. Vor  allem aber sollten sich alle, die Gebäude, Arbeitsverfahren etc. planen, damit beschäftigen. Denn: Vorbeugen ist besser als heilen!

* zuletzt in der Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – LärmVibrationsArbSchV) einschließlich der sie konkretisierenden Technischen Regel TRLV Lärm

Bild:  w.r.wagner  / pixelio.de