„Risikogruppen“ in der Covid-19-Pandemie

SARS-CoV-2

Die Covid-19-Pandemie hat Vieles in unserem Leben durcheinandergebracht und uns gezwungen, manche Sachverhalte in kurzer Zeit neu zu bewerten. Wir mussten auch (wieder) lernen, dass trotz noch bestehender wissenschaftlicher Unklarheiten Entscheidungen zu fällen waren, weil man nicht abwarten konnte, bis die Datenlage konsistent wurde.

Ein Problem, mit dem sich viele Arbeitgeber auseinandersetzen mussten, ist, welche Mitarbeiter aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation einen besonderen Schutz benötigen- z. B. Home Office. Da kam dann oft der Begriff „Risikogruppe“ ins Spiel. Das Robert-Koch-Institut (RKI) definiert Erkrankungen, bei denen das Risiko auf einen schwereren Verlauf einer Erkrankung durch SARS-CoV-2 besteht (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText4). Diese relativ grobe Auflistung nutzt aber wenig zur Beantwortung der Frage, ob eine Person nun wirklich zu einer Risikogruppe gehört und besonderen Schutz braucht. Beispielweise sind „Patienten mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)“ als Risikogruppe benannt. Es ist aber ein großer Unterschied, ob die Zuckerkrankheit durch Bewegung und etwas Disziplin beim Essen in den Griff zu bekommen ist und keine weiteren Folgen hat oder ein sog. instabiler Diabetes vorliegt, der auch mit Insulin kaum in den Griff zu bekommen ist und zu erheblichen Folgeschäden geführt hat. Wenn man die RKI-Auflistung zu „Risikogruppen“ anwenden würde, wären beide Personen Teil der „Risikogruppe“; eines besonderen Schutz bräuchte es aber hauptsächlich im zweiten Fall.

Dankenswerterweise hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales jetzt eine „Arbeitsmedizinische Empfehlung“ zum „Umgang mit aufgrund der SARS-CoV-2-Epidemie besonders schutzbedürftigen Beschäftigten“ veröffentlicht, die die Betriebsärzte unterstützt und eine differenzierte Beurteilung ermöglicht.  Das Ministerium führt aus: „Für die arbeitsmedizinische Betrachtung des Einzelfalls ist nicht die Diagnose entscheidend. Maßgeblich ist der Zusammenhang zwischen der individuellen gesundheitlichen Situation und der ausgeübten Tätigkeit; berücksichtigt werden sollten der Schweregrad einer Erkrankung, die Medikation, der Therapieerfolg, mögliche Folgeerkrankungen, die Dauer und der Verlauf der Erkrankung sowie Komorbiditäten.“

Also: Ihr Betriebsarzt ist gefragt, wenn es um die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe und um die bestmögliche Lösung für den Beschäftigten und den Arbeitgeber geht!

Bild: enriquelopezgarre auf Pixabay